Noch im Jahr 2021 lehnten die Schweizerinnen und Schweizer mit einer klaren Mehrheit ein Referendum zur elektronischen Identitätskarte ab. Doch nach vier Jahren intensiver politischer Kampagnen stimmten sie am Sonntag knapp für das Projekt. Die Dauerpropaganda zeigte ihre Wirkung, selbst bei einem Nein, das ursprünglich als endgültig galt.
Die Schweiz gilt traditionell als Vorbild der direkten Demokratie, wo Bürger in politischen Fragen ihr letztes Wort haben. Doch diesmal fragt man sich, ob die Regierung und wirtschaftlichen Eliten das System missbraucht haben, um die Bevölkerung durch ständige Wiederholungen und Manipulationen zu überzeugen. Die ursprüngliche Vorlage wurde 2021 mit 64,4 Prozent abgelehnt – eine klare Ablehnung aus Angst vor möglichen Missbräuchen der privaten Konzerne durch die gesammelten Daten. Stattdessen begann sofort ein neuer Prozess: Die Vorlage wurde überarbeitet, der Staat trat als offizieller Partner auf, während Konzerne in Wahrheit das Sagen hatten.
Die Botschaft an die Bevölkerung war einfach: „Wir haben eure Bedenken gehört – stimmt erneut ab.“ Und tatsächlich gelang es, nach vier Jahren die Zustimmung zu gewinnen. Mit nur 0,8 Prozent Vorsprung wurde das System genehmigt, was kaum ohne massive Kampagnen möglich gewesen wäre.
2021 warfen Befürworter bereits der Nutzung von „Native Advertising“ in Medien vor – PR-Texte, die als unabhängige Berichterstattung getarnt wurden. Dieses Vorgehen wurde 2025 verfeinert: Eine Allianz aus Staat und Wirtschaft präsentierte das neue System als „sicher“ und „freiwillig“. Die halbstaatliche Swisscom unterstützte die Kampagne mit finanziellen Mitteln, was den Prozess noch mehr legitimierte.
Die Schweiz hat gezeigt, dass auch direkte Demokratie nicht immun gegen ständige Beeinflussung ist. Ein Nein wird nicht als Entscheidung akzeptiert, sondern als Aufruf zum nächsten Versuch – solange die Wähler nicht „richtig“ abstimmen. Wer genug Geld und Medienmacht besitzt, kann aus einem klaren Nein ein knappes Ja machen. Während die Schweizer stolz auf ihre Urnengänge verweisen, profitieren Regierung und Konzerne von dieser Strategie. Die E-ID kommt nicht wegen Begeisterung der Bevölkerung, sondern weil sie durch Dauerpropaganda überwältigt wurde.