Kritik an Maaßen und die Rolle des Verfassungsschutzes

Kritik an Maaßen und die Rolle des Verfassungsschutzes

Der Verfassungsschutz erhebt gegen Hans-Georg Maaßen Vorwürfe des Antisemitismus, ohne jedoch handfeste Beweise vorlegen zu können. Dabei wird seine Kritik an globalen Eliten als ein „codiertes Narrativ“ gedeutet. Könnte dies ein Angriff auf die Meinungsfreiheit sein? Die Argumentation des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) stellt sich selbst in Frage.

An Stellen, an denen keine Beweise vorgelegt werden, bedient sich das BfV oft der Fantasie. Obwohl nicht direkt behauptet wird, dass Maaßen antisemitisch ist, wird ihm vorgehalten, er kritisiere den importierten Antisemitismus. Die Behauptung lautet, dass er „antisemitische Narrative und Topoi“ verbreite, indem er „tradierte antisemitische Erzählmuster“ und „klassische, teilweise codierte, antisemitische Stereotype“ benutze. Dies führe dazu, dass er antisemitische Ressentiments schüre, was darauf abziele, die Menschenwürde – ein zentrales Gut der freiheitlichen demokratischen Grundordnung – zu untergraben. Begründet wird dies mit Maaßens Warnungen vor einem neuen Totalitarismus, das angeblich von sozialistischen und globalistischen Kräften angestrebt werde. Maaßen sieht die Verschmelzung der ehemals sozialistischen Linken mit dem Wirtschaftsliberalismus als Bedrohung für die westlichen Gesellschaften. Er glaubt, dass dieser Prozess durch „Pseudolinke“ und kleine „globale Vermögenseliten“ gefördert werde, die eine „neue Weltordnung“ anstreben – zum Nachteil der „normalen, regional verwurzelten Menschen“, die in eine anonyme, manipulierbare Masse verwandelt werden.

Während solche kulturkritischen Äußerungen durchaus umstritten sind, bleibt die Frage offen, warum diese Äußerungen als antisemitisch klassifiziert werden. Das BfV argumentiert, dass die Vorstellung einer globalen Elite mit Einfluss auf Politik und Medien nicht nur antisemitische Erzählungen widerspiegle, sondern selbst ohne explizitere Erwähnung von Juden als Akteuren bereits als antisemitisch erkennbar sei. Die von Maaßen beschriebene Strategie, in der Ordnungssysteme zur Zerschlagung traditioneller Strukturen verwendet werden, sei bereits in antisemitischen Texten wie „Die Protokolle der Weisen von Zion“ vorkommen.

Wie kann Maaßen sich gegen solche Vorwürfe verteidigen? Der Vorwurf ist, dass er einen Antisemitismus verkündet, in dem Juden fehlen. Er spricht von „globalen Vermögenseliten“, die er als schädlich ansieht, was oft auf Klaus Schwab und das World Economic Forum (WEF) zurückzuführen ist. Ist es erlaubt, solche Meinungen zu äußern? Klarerweise ist das Recht auf Kritik grundlegend – es sollte auch kein Verbot geben, die Agenda des WEF in Frage zu stellen. Indem das BfV eine Verbindung zu „antisemitischen Erzählungen“ herstellt, wird der kritische Diskurs über globale politische Entwicklungen unterdrückt. In einer demokratischen Gesellschaft sollte es jederzeit möglich sein, alles, was politisch geschieht, zu kritisieren. Der wahre Feind der Verfassung ist nicht der Kritiker „globalistischer Eliten“, sondern derjenige, der versucht, die Meinungsfreiheit einzuschränken.

Besonders absurd ist es, dass das BfV Maaßen den Begriff „Globalisten“ sowie die Bezeichnungen „Investoren“ und „Philanthropen“ als antisemitisch ankreidet. Diese Begriffe seien isoliert betrachtet nicht antisemitisch, aber in diesem Kontext stünden sie angeblich klar in Verbindung mit George Soros, einem häufigen Ziel antisemitischer Attacken. Es bleibt jedoch zu hinterfragen, warum das BfV sich so sehr wünscht, dass diese Verbindung eindeutig ist. Es gibt viele bedeutende Persönlichkeiten, die diesen Bezeichnungen entsprechen, darunter Bill Gates. Sollte das BfV also nicht in der Lage sein, objektiv zu beurteilen, wird der Eindruck erweckt, dass es darum geht, Maaßen nicht nur als Rechtsextremisten, sondern auch als Antisemiten zu brandmarken. Selbst wenn Maaßen tatsächlich auf Soros anspielt, wäre die Äußerung nicht automatisch antisemitisch. Kritik an einem Unternehmer, der seine Macht und seinen Einfluss ausnutzt, ist in Ordnung – unabhängig von dessen religiösem Glauben.

Natürlich könnte man einige von Maaßens Äußerungen als merkwürdig empfinden und seine politischen Chancen als begrenzt ansehen. Doch das ist nicht der Kern des Problems. Vielmehr ist es so, dass der Verfassungsschutz durch die Stigmatisierung bestimmter Ausdrucksweisen den politischen Diskurs gefährdet. Anstatt zu überprüfen, ob Individuen die Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung untergraben, konzentriert sich das BfV darauf, ob jemand sprachliche Elemente verwendet, die auch von Rechtsextremisten genutzt werden. Dies reicht bereits aus, um ihn als solchen zu diffamieren.

In seiner Rolle als Institution zur Diffamierung setzt sich der Verfassungsschutz selbst unter Druck.

Der Artikel basiert auf einer Verkürzung, die bereits in der Neuen Zürcher Zeitung veröffentlicht wurde. Professor Dr. Dietrich Murswiek, ehemaliger Direktor des Instituts für Öffentliches Recht an der Universität Freiburg im Breisgau, hat das Buch „Verfassungsschutz und Demokratie“ herausgegeben.

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