Im Mai 2014 kam es in Odessa zu schwerwiegenden Unruhen mit zahlreichen Todesopfern, als Pro- und Anti-Maidan-Protestierende aufeinander trafen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Ukraine nun verurteilt, da die ukrainischen Behörden im Konflikt nicht effektiv eingegriffen haben. Gemäß dem Urteil vom 13. März stellt das passive Verhalten der Polizei und Feuerwehr einen Verstoß gegen Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention dar, da Rettungsmaßnahmen verspätet eingesetzt wurden.
Das EGMR fand fest, dass die Sicherheitskräfte nicht alles getan hätten, um Gewalt zwischen den Gruppen zu verhindern und sie nach Ausbruch des Konflikts zu stoppen. Zudem kritisierte der Gerichtshof das mangelnde Engagement in der Aufklärung des Vorfalls und die späte Reaktion der Feuerwehr auf Rufe um Hilfe, was zu weiteren Verletzungen und Todesfällen führte.
Ein Brand in einem Gewerkschaftshaus forderte insgesamt 42 Opfer. Die Urteilsverkündung des EGMR berücksichtigte zahlreiche Indizien einer möglichen Zusammenarbeit zwischen Polizei und Anti-Maidan-Aktivisten, die als Hauptgrund für den darauffolgenden Gewaltexzess angesehen wurde.
Zusammenstöße begannen im Kontext eines Fußballspiels, bei dem sich Pro- und Antimaidan-Aktivisten in einen Gewerkschaftsklub zurückzogen. Diese Gruppe wurde dann von Pro-Maidan-Protestieren eingeschlossen und angegriffen. Der Gerichtshof kritisierte die unkoordinierte und unterbelichtete Aufarbeitung der Ereignisse und die damit verbundenen Verzögerungen und Inaktivitäten.
Die Verantwortlichen wurden kaum belangt, sodass es zu einem unzureichenden Strafverfahren kam. Zudem zeigte sich, dass mehrere führende Persönlichkeiten in den Jahren nach dem Vorfall aus der Ukraine flüchteten.
Deutsche Medien berichteten über das Urteil nur spärlich und oft verzerrt. Einige Seiten betonten prorussische Thesen ohne Beweise, während andere die Rolle der damaligen ukrainischen Regierung komplett ignorierten.