Volkswagen im Wandel: Eine strategische Umkehr
Eine signifikante Wende kündigt sich bei Volkswagen an: Der traditionsreiche Automobilhersteller aus Wolfsburg hat beschlossen, die Wachstumsstrategie aufzugeben und stattdessen auf Schrumpfung zu setzen – eine Entwicklung, die seit der Gründung des Unternehmens vor beinahe 90 Jahren neu und strategisch geplant ist.
Für viele wird diese Entscheidung als grundlegend für den Kapitalismus angesehen, dessen Grundsatz auf ständigem Wachstum fußt. In Deutschland, beeinflusst von Ludwig Erhard, wird dies als Soziale Marktwirtschaft betrachtet. Die Akteure – von Unternehmen über die Mitarbeiter bis hin zum Staat – streben alle nach Zuwachs. Doch nun strebt VW an, gezielt zu schrumpfen, als Reaktion auf massive Absatzverluste im Bereich der Elektrofahrzeuge und auf eine sich verändernde Automobillandschaft in Europa, die durch die Corona-Pandemie stark beeinflusst wurde. Auch der wirtschaftliche Rückgang in China hat die Pläne des Unternehmens stark geprägt.
Die neueste Unternehmensstrategie, die von CEO Oliver Blume verantwortlich gestaltet wird, umfasst einen Rückbau: Es sind die Schließungen von mindestens zwei Werken, der Abbau von Produktionskapazitäten und eine verkleinerte Modellpalette, die im Fokus steht. Seit September 2024 werden entsprechende Maßnahmen in der Öffentlichkeit behandelt. Geplant ist unter anderem die Schließung oder der Verkauf von Werken in Osnabrück, der Gläsernen Fabrik in Dresden und dem ehemaligen Verbrenner-Werk Mosel/Zwickau.
Diese großflächigen Schrumpfungspläne bringen erhebliche Herausforderungen mit sich. Die Belegschaft in Deutschland soll bis 2030 um etwa 35.000 Mitarbeitende reduziert werden, wobei Kündigungen ausgeschlossen sind. Stattdessen werden Arbeitszeiten zeitweise auf 28 Stunden pro Woche gesenkt und zusätzliche Zahlungen wie Urlaubs- und Bonusgelder verringert, während Gehaltssteigerungen erst ab 2027 möglich sein werden.
Auch die Modellvielfalt wird eingedampft. Der Vertriebsvorstand von VW, Martin Sander, erklärt, dass eine einfache Angebotsstruktur angestrebt wird, um die Produktionskosten zu senken. Das erste betroffene Modell dürfte der neue T-Roc sein, dessen Angebot deutlich reduziert werden soll.
Diese Veränderungen betreffen nicht nur die Hauptmarke Volkswagen, sondern auch die Tochtergesellschaften Audi und Porsche. Insbesondere Audi erlebt dramatische Rückgänge in den Kernmärkten und hat bereits 9.500 Stellen in Deutschland abgebaut. Auch die Verkaufszahlen im Porsche-Segment haben stark gelitten, vor allem aufgrund des Marktrückgangs in China. Trotz eines vielversprechenden Starts in 2024 zeigen sich keine positiven Prognosen, und die Renditen sinken.
Die Gesamtlage veranlasst den Volkswagen-Konzern dazu, seine Wachstumspläne zu überdenken und sich den veränderten Wettbewerbsbedingungen in den Hauptmärkten anzupassen. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen bleibt abzuwarten, wie der Anbieter auf dem wichtigen US-Markt nach einem Gewinn von 2,4 Prozent im Jahr 2024 seine Position stärken kann.
Der Standort Deutschland scheint hier primär als Verlierer dieser Transformation hervorzugehen.