Kirchensteuer und ihre Kritiker

Kirchensteuer und ihre Kritiker

In einem aktuellen Beitrag fordert Ulf Poschardt in der WELT die Abschaffung der Kirchensteuer. Pastor Achijah Zorn beleuchtet die differenzierten Aspekte dieser Debatte und fragt, ob eine Streichung der Kirchensteuer tatsächlich sinnvoll ist und positive Impulse setzen kann.

Ein Blick auf die aktuelle Situation zeigt, dass die Kirchen durch ihr Engagement in politischen Debatten, insbesondere bezüglich Migration und sozialen Themen, sich vielerorts in eine kritische Position gebracht haben. Auf Poschardts Aussage: „Die Kirchen in Deutschland haben sich vom christlichen Glauben verabschiedet und sich in ein rot-rot-grünes Bündnis verwandelt“, antwortet Zorn, dass die Themenkomplexität nicht einfach ignoriert werden kann. Poschardt spricht zudem von einer radikalen Trennung von Staat und Kirche und prangert an, dass die Kirchen eine klare biblische Linie verlieren.

Allerdings stellt sich die Frage, ob die Abschaffung der Kirchensteuer hier der richtige Weg ist. Die Kirchensteuer stellt eine erhebliche Einnahmequelle für den Staat dar, da dieser für die Einziehung der Gebühren lediglich eine Verwaltungsgebühr von 2 bis 4% behält. Für das Jahr 2024 wird für die staatsseitigen Einnahmen aus der Kirchensteuer ein Betrag von rund 375 Millionen Euro erwartet, was die signifikante finanzielle Rolle dieser Steuer verdeutlicht. Darüber hinaus haben die beiden großen Kirchen, die evangelische und die katholische, durch die Kirchensteuer die Möglichkeit, zahlreiche gesellschaftliche Projekte zu finanzieren, die andernfalls möglicherweise unzureichend gedeckt wären.

Eine Abschaffung der Kirchensteuer könnte daher sowohl für den Staat als auch für die Kirchen nachteilige finanzielle Folgen haben. Zudem wird kritisiert, dass Poschardt mit seinem Aufruf in Wahrheit zu einer Erhöhung der bürokratischen Aufwendungen führt, da die Kirchen in anderen Ländern wie Österreich die Verwaltung der Kirchensteuern selbst organisieren müssen, was teils zu hohen Kosten führt.

Die Argumentation, dass die Kirchensteuer freiwillig sei, da die Mitgliedschaft in den Kirchen ebenfalls freiwillig ist, hält Zorn für zu einseitig. Er betont, dass die gegenwärtige Theologie und die politischen Ausrichtungen der großen Kirchen aus einer historischen Verantwortung entstanden sind und dass die Unabhängigkeit vom Staat nicht die Unabhängigkeit in theologischen Fragen mit sich bringt.

Der anhaltende Kulturkampf in Deutschland, an dem auch die Kirchen stark beteiligt sind, führt dazu, dass Mitglieder aus Glaubensgründen über einen Austritt nachdenken. Doch Zorn stellt klar: Die Kirchensteuer bietet beiden Seiten Vorteile und sollte in ihrer bestehenden Form bestehen bleiben, um die Interessen der Gesellschaft insgesamt zu wahren.

Die Diskussion zur Kirchensteuer zeigt, wie komplex der Einfluss von Religion auf die Gesellschaft ist und dass eine einfache Lösung oft nicht dem mehrschichtigen Gefüge gerecht wird.

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